6. Geldpolitische Instrumente

Um ihre Ziele (z.B. stabile Währung, Geldmengenziel,…) zu erreichen, hat die EZB verschiedene Instrumente zur Verfügung:
– Offenmarktgeschäfte
– Ständige Fazilitäten
– Mindestreserven

a) Offenmarktgeschäfte
Die größte Bedeutung bei den Offenmarktgeschäften haben die sog. Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Hier geht die Initiative von der EZB aus.
– Die EZB bietet den Banken an, gegen ein sicheres Pfandrecht (z.B. Wertpapiere, Kreditforderungen  Wertpapierpensionsgeschäfte) Zentralbankgeld entleihen zu können. Nach einer Woche (Haupttender) geht das Pfandrecht wieder an das Kreditinstitut und das Zentralbankgeld muss plus Zinsen bezahlt werden. Mit diesem Instrument wird der Großteil das Geldvolumens in den Markt gegeben
– Neben den eher kurzfristigen Instrumenten werden von der EZB einmal im Monat sog. längerfristige Refinanzierungsgeschäfte zur längerfristigen Beschaffung von Zentralbankgeld angeboten. Das Verfahren ist genau dasselbe, nur das die Laufzeit 3 Monate beträgt (Basistender). Auf diese Weise ergibt sich eine langfristige planbare Versorgung der Banken mit Zentralbankgeld
– Des Weiteren gibt es noch „Feinsteuerungsoperationen“ und „Strukturelle Operationen“, die Auswirkungen unerwarteter Liquiditätsschwankungen auf die Zinssätze ausgleichen sollen (auch über Schnelltender möglich, wo es nur eine Stunde von der Ankündigung bis zu Abwicklung dauert).

b) Ständige Fazilitäten
Man unterscheidet die Spitzenfinanzierungsfazilität und die Einlagenfazilität. Der Begriff Fazilität ist ein banktechnischer Ausdruck für die Gesamtheit eines Kreditverhältnisses.

1. Spitzenfinanzierungsfazilität
Diese kurzfristige Finanzspritze wird auch Übernachtkredit genannt. Bekommt die Geschäftsbank kurzfristig Liquiditätsprobleme, so bekommt sie von der EZB einen in der Höhe gewünschten Kredit mit einer Laufzeit von einem Tag zu einem sehr hohen Zinssatz (hoch, weil die EZB solche kurzfristigen Liquiditätsprobleme der Banken vermeiden will). Auch hier werden Wertpapiere als Sicherheit hinterlegt. Die Initiative geht hier von der Geschäftsbank aus.

2. Einlagenfazilität
Dieses ist kein Kredit, sondern eine Anlagemöglichkeit. Hat sich die Bank zu viel Geld geliehen oder ist einfach überliquide, so kann sie das überschüssige Geld bei der EZB über Nacht (d.h. bis zum nächsten Geschäftstag) zu einem „niedrig(st)en“ Zinssatz anlegen.

c) Mindestreserve
Die Banken müssen (derzeit) 2% der Einlagen von Nichtbanken bei der EZB hinterlegen. Diese Einlagen werden zum Hauptrefinanzierungssatz (Leitzins) verzinst. Daher haben die Banken keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber Banken außerhalb des Euro-Systems. Die Mindestreserve dient Vordergründig dafür die Geldmarktzinsen zu stabilisieren und eine Liquiditätslücke im Bankensystem herbeizuführen oder zu vergrößern und das die Geldwertschöpfung gebremst wird (es kann immer weniger Geld weiter verliehen werden). Eine Erhöhung der Mindestreserve entzieht den Banken Liquidität.
Erhöht sich der Mindestreservesatz (momentan 2%), so müssten die Geschäftsbanken einen größeren Teil der Kundeneinlagen hinterlegen und könnten gleichzeitig weniger Kredite vergeben. Bei gleich bleibender Kreditnachfrage würden die Zinsen steigen, die Investitionen würden sinken und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ebenfalls.
Bei einer Senkung des Mindestreservesatzes stünde den Banken eine größere Liquidität zur freien Verfügung, sie könnten ihre Kreditangebote ausweiten, die Zinsen würden sinken. Kreditfinanzierte Investitionen würden rentabler, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stiege.

Allgemein gibt es jedoch eine zeitliche Verzögerung des ganzen, da die Steuerung der Geldmenge über die Beeinflussung der Zinsen durch die EZB (Leitzins wirkt sich ja auch indirekt auf die Kreditzinsen aus) sehr indirekt verläuft. Zinsen sind ja auch nicht der einzige Einflussfaktor auf die Kreditnachfrage (niedrige Zinsen bei schlechter Konjunktur bringen nicht immer was).

d) Tender
Allgemein sind Tender regelmäßige finanzpolitische Transaktionen von Zentralbanken zur Steuerung der Liquidität.

e) Tenderverfahren
Das Tenderverfahren ist ein Verfahren der Zuteilung oder dem Entzug von Geld gegen Wertpapiere. Man unterscheidet 2 Tenderverfahren:
Mengentender
Die Banken geben ein Gebot ab, wie viel Geld sie von der EZB haben möchten. Die EZB schüttet einen bestimmten Betrag aus der meist niedriger als die Summe aller gewünschten Beträge ist. Die Zuteilung erfolgt prozentual zu einem best. Zinssatz.

Vorteil Nachteil
– der Leitzins der EZB kann fest eingehalten werden
– jede Bank kriegt was – durch den (meist) geringen Zuteilungsbetrag, stiegt das Bietungsvolumen in unrealistische Höhen, damit die jeweilige Bank bedient wird
– Risiko für die Banken, die eventl. den hohen Betrag erhalten, obwohl sie diesen nicht brauchen (viele Zinsen)

Zinstender (amer. Verfahren)
Die Geschäftsbanken geben nicht nur ein Gebot über den Betrag, den sie haben möchten, ab, sondern bieten gleichzeitig noch den Zinssatz dazu an. Die Banken mit den höchsten Zinsgeboten werden vorrangig komplett bedient. Wenn nur noch eine teilweise Zuteilung möglich ist, ist das der niedrigste Zinssatz (marginale Zins, zu dem noch zugeteilt wird). Banken mit niedrigen Zinsgeboten können leer ausgehen.

Vorteil Nachteil
– realistische Mengen- und Zinsgebote der Banken
– Banken, die dringend Geld benötigen, erhalten dieses auch, weil sie bereit sind relativ hohe Zinsen zu zahlen – eventl. Zinsabsprachen der Banken

7. Wirkungskette: Leitzinssenkung

1. Refinanzierung der Geschäftsbanken wird billiger
2. Geschäftsbanken senken Zinsen für Kredite
3. Einlagen der Kunden sinken und Kredite werden vermehrt aufgenommen
4. Geldanlagen werden weniger attraktiv
5. nachfragewirksame Geldmenge steigt
6. private Nachfrage steigt Wechselkurs
7. Produktion weitet sich aus Niedrige Zinsen locken Kapital von
8. Beschäftigung steigt Europa weg. Der Euro wertet ab.
9. BIP steigt
10. Inflation (steigt), aber Konjunkturbelebung!

Allgemein kann gesagt werden, dass durch die Senkung des Leitzinses Geld für die Kreditinstitute billiger wird. Daher verlangen die Banken auch weniger Zinsen für Kredite und die Kreditnachfrage steigt. Steigt die Kreditnachfrage, so legen die Kunden auch weniger ein (es ist nicht mehr so rentabel, Geld auf dem Konto zu hinterlassen) – das Kaufverhalten steigert sich und somit auch die Nachfrage. Niedrige Zinsen erhöhen also auch die Unternehmensgewinne. Investitionen werden billiger und lohnen sich mehr. Für den Staat sinkt die Etatbelastung, da es nun billiger ist sich über Anleihen zu finanzieren. Spekulanten legen nun aber vermehrt in den USA an, da dort die Zinsen höher sind. Dies lockt Kapital von Europa weg. Der Euro wertet ab.

8. Wie eine Leitzinserhöhung wirkt

Leitzinserhöhung der EZB:

EZB:
– Leitzins wird angehoben
– Banken bieten höheren Mindestsatz
– Banken zahlen für Refinanzierung mehr Zinsen
– Geld wird für Kreditinstitute teurer
Banken:
– Verlangen höhere Zinsen für Kredite, weil sie mehr zahlen müssen um von der Zentralbank Geld zu erhalten
Vermögenswerte:
– höhere Zinsen vermindern die Gewinne  kann zu Kursverlusten an Aktienmärkten führen
– Immobilienmarkt wird gedämpft, weil Immobilienkredite teuerer werden
– Höhere kurzfristige Zinsen steigen die langfristigen Zinssätze für Staatsleihen
Wechselkurs:
– höhere Zinsen locken Kapital nach Europa. Der Euro wertet auf.
Unternehmen:
– Firmen müssen höhere Zinsen für Kredite zahlen
– Rentabilität von Investitionen gerät unter druck, da höhere Rendite erwirtschaftet werden muss, um mind. Kosten zu decken
– Schacher Aktienmarkt erschwert die Kapitalaufnahme an Börse und reduziert die Investitionen
– Aufwertung des Euros schwächt die Exporte
Haushalte:
– Verbraucher zahlen höhere Zinsen für neue Kredite
– Rentabel Geld auf Sparkonto zu lassen
– Konsum wird gedämpft
– Wenn Zinserhöhung das Aktien und Immobilienvermögen vermindert wird der Konsum gedämpft
– Aufwertung Euro erhöht die Kaufkraft von Verbrauchern
Staat:
– Finanzierung durch Ausgabe von Anleihen
– Bei steigendem Zinsniveau muss er eine höhere Rendite bieten, um seine Papiere zu platzieren  Belastung für Etat.
Volkswirtschaft:
– Anhebung der Zinsen bremst die Konjunktur, da Konsum von Haushalten und UN zurückgeht.
– Das BIP sinkt bei einer Erhöhung des Leitzins um einen Prozentpunkt allein im ersten Jahr um 0,27 %  Arbeitslosigkeit steigt /  Inflation wird jedoch gesenkt
– EZB meint, dass höhere Zinsen ihre Glaubwürdigkeit stärker wird  Wirtschaft kann von straffer Geldpolitik sogar angekurbelt werden, weil die langfristigen Zinsen niedrig bleiben.